Deep Sea

Originaltitel
Shen Hai
Land
Jahr
2022
Laufzeit
112 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 9. August 2023

Wenn es überhaupt mal chinesische Filme bei uns ins Kino schaffen, dann handelt es sich dabei gerne um einen Animationsfilm, der sich stilistisch an den großen Werken des Japaners Hayao Miyazaki orientiert. So auch im Falle von „Deep Sea“, dessen Thema die Selbstfindung eines kleinen Mädchens namens Shenxiu ist. Die kommt nicht damit zurecht, dass ihre leibliche Mutter die Familie verlassen hat und sich die verbliebenen Mitglieder inklusive der Stiefmutter nur wenig um sie kümmern. Als alle zusammen eine Kreuzfahrt unternehmen, geht Shenxiu eines Abends über Bord und erwacht in einer phantastischen Unterwasserwelt und inmitten eines Tiefsee-Restaurants, das von den seltsamsten Gestalten bevölkert wird. Hier lernt das zunächst nur wenig willkommene Mädchen sich durch- und ins reale Leben zurück zu kämpfen.

Kein Zweifel, was uns Regisseur Tian Xiaopeng hier visuell präsentiert kann mit vergleichbaren japanischen oder westlichen Werken nicht nur mithalten, sondern übertrifft sie zum Teil sogar. Man muss ihm ein gewaltiges Budget zur Verfügung gestellt haben, sicher auch mit dem Gedanken diesen Film auch international zu vermarkten. Die Animationen erreichen eine neue Stufe des Realismus, zeigen dabei einen ganz eigenen Stil, der bei den Figuren sogar etwas befremdlich wirkt, da halt sehr ungewohnt. Kulissen und Hintergründe sind dagegen einfach nur beeindruckend, in diesem Bereich entwirft das Animationsteam ein ums andere Mal regelrechte Kunstwerke und das dazu noch in unterschiedlichen Stilen, je nachdem in welcher Realitätsebene wir uns gerade befinden.

Denn was die Geschichte betrifft wird dem halbwegs erfahrenen Betrachter recht schnell klar, dass wir uns meist in einer Traumebene befinden, die symbolisch zu überwindende Hindernisse aus der realen Welt aufgreift. Das ist dann letztlich gar nicht so tiefschürfend wie es sich gibt, was aber nicht wirklich ein Problem wäre für eine eher funktionelle Geschichte, die halt von ihrer überragenden Optik lebt.

Was das Anschauen von „Deep Sea“ jedoch über viele Passagen anstrengend wenn nicht gar zur Tortur macht, ist die extrem schrille, völlig überzeichnete Darstellung des Tiefsee-Restaurants. Allen voran die von Chefkoch und Inhaber Nanhe, einer dauerquasselnden, stets herumzappelnden und maßlos übertreibenden unsympathischen Nervensäge. Die zwar natürlich irgendwann auch noch eine kleine Katharsis zum ganz tief drinnen doch irgendwie gutmütigen Kerl durchläuft, aber das kann dann auch nicht mehr für die „Folter“ der vorhergehenden neunzig Minuten entschädigen.

Und es ist eben leider so, dass sich die vom Filmplakat und der Grundthematik her zu erwartende poetische und träumerische Stimmung im Grunde nur in den ersten und letzten Minuten einstellt, während sich der lange, ausufernde Mittelteil als ein lautes, polterndes und oft maßlos überzogenes Chaos präsentiert. In einer Art, die für das asiatische und speziell das chinesische Kino auch nicht untypisch ist, die aber hiesigen Sehgewohnheiten so klar widerspricht, dass sie vermutlich nur für wenige wirklich goutierbar ist.

Bliebe der technische Aspekt, doch da gibt es die Einschränkung zu vermelden, dass der ursprünglich in aufwändigem und – wie man hört - extrem beeindruckendem 3D gedrehte Film bei uns nun lediglich in einer zweidimensionalen Version in die Kinos kommt. Auch diese Besprechung beruht auf der 2D-Fassung von „Deep Sea“, daher ist es durchaus möglich, dass das genannte „anstrengende Chaos“ in der eigentlich vorgesehenen Version eine andere Wirkung entfaltet.

Bilder: Copyright

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