Here Comes the Navy

MOH (45): 7. Oscars 1935 - "Here Comes the Navy"

In unserer Serie "Matthias' Oscar History" (MOH) bespricht Matthias in jeder Folge jeweils einen der zwischen den Jahren 1929 und 2000 nominierten Oscar-Beiträge aus der Kategorie "Bester Film".

von Matthias Kastl / 5. März 2024

Letzte Woche haben wir noch entspannt das Tanzbein geschwungen, jetzt ist in unserer Reihe knallharter Militärdienst angesagt. Nun gut, ganz so ernst geht es in unserem 1935 für den Oscar nominierten “Here Comes the Navy“ auch nicht zu. Und selbst hier darf am Ende getanzt werden.

Here Comes the Navy

Land
Jahr
1934
Laufzeit
87 min
Regie
Release Date
Oscar
Nominiert "Outstanding Production"
Bewertung
5
5/10

Eigentlich eine cleverer Taktik, mit der sich das US-Militär in den 1930ern um neue Rekruten bemühte. Warum nicht Hollywood dafür nutzen, um das eigene und vor allem mit viel Testosteron assoziierte Umfeld als perfekten Ort für das Finden der großen Liebe zu bewerben? Nach “Flirtation Walk“ sorgt nun auch in “Here Comes the Navy“ das gekränkte Ego eines Mannes wieder dafür, dass dieser eine militärische Karriere einschlägt, um sich am Ende die Liebe seiner Angebeteten zu sichern. Leider fällt das Endergebnis aber qualitativ ähnlich gelagert aus, nämlich als ein ziemlich durchschnittlicher Film, der eher durch Schauwerte als eine feurige Geschichte punktet.

Stets voller Feuer und leicht zu provozieren ist auf jeden Fall der einfache Dockarbeiter Chesty O’Connor (James Cagney), der eines Tages mit dem Navy-Offizier Biff Martin (Pat O'Brien, “The Frontpage“) aneinandergerät. Solch eine Respektlosigkeit darf natürlich nicht ungestraft bleiben und so rächt sich Biff dadurch, dass er kurzerhand Chesty die Freundin (Dorothy Tree) ausspannt. Sowas kann Mann sich natürlich nicht bieten lassen und so entscheidet sich wiederum Chesty dafür, doch einfach in die Navy einzutreten, um an Bord der US Arizona es Biff so richtig heimzahlen zu können. Einmal auf dem Schlachtschiff angekommen stellt sich die Umsetzung des Racheplans aber schwieriger als gedacht heraus. Bis Chesty sich zufällig in Biffs Schwester Dorothy (Gloria Stuart) verguckt, was natürlich nun wiederum das Testosteron-Level bei Biff in ungeahnte Höhen treibt.


Nein, so richtig durchdacht ist der Racheplan unserer Hauptfigur nicht. Was auch daran liegt, dass der gute Chesty eher schnell mit den Fäusten als mit dem Denken ist. So ist der Junge völlig überrascht, dass er nach seiner Anmeldung bei der Navy erst einmal für ein paar Wochen in ein Trainingslager muss und seine Pläne so erst mal auf Eis liegen. Und erst dort fällt ihm auf, dass ja gar nicht sicher ist, ob er überhaupt auf das richtige Schiff verlegt wird. Nun ist Intelligenz ja keine Grundvorraussetzung für eine gelungene Hauptfigur, ein bisschen Sympathie und Identifikationspotential aber eigentlich schon. Wenn aber die einzige Motivation für das eigene Handeln lediglich der Wunsch ist, einem anderen Typen (den man wohlgemerkt selbst als erstes provoziert hatte) ordentlich eine in die Fresse zu hauen, wird das aber schwierig.

Kein Scherz, die Aussucht auf eine ordentliche Backpfeife für Biff ist wirklich das einzige, was Chesty die meiste Zeit über antreibt. Wenn Chesty dann an Bord realisiert, dass es gar nicht so leicht ist einfach einem übergeordneten Offizier eine reinzuhauen, dann wünscht man sich als Zuschauer fast selbst von Chesty möglichst schnell außer Gefecht gesetzt zu werden. Da das nicht passiert muss man im wahrsten Sinne des Wortes aber weiter an Bord bleiben und wird Zeuge einer nur mäßig interessanten Handlung, die zwar hier und da durchaus Potential für ein paar nette Gags hat, diese aber meist nur halbgar ausnutzt. Tatsächlich ist die Hauptfigur auch hier das Problem, denn James Cagney spielt die Rolle als eine Art angepisster Teenager in Dauerschleife, der stets den coolen Typen mit kurzer Zündschnur raushängen lässt. So richtig auf seine Seite schlagen, wie der Film es gerne hätte, möchte man sich hier nur ungern.  


Was uns dann auch zum Phänomen James Cagney bringt, der in der damaligen Zeit einer der beliebtesten Schauspieler beim amerikanischen Publikum war. Und das eben gerade wegen solcher Rollen, in denen er ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen sich mit scheinbar unantastbaren Leuten anlegte und so der angestauten Wut der Unterschicht ein dankbares Ventil gegenüber den Großkopferten bot. Tatsächlich wirkt seine Figur in “Here Comes the Navy“ auch wirklich komplett anders als das was wir sonst in unserer Reihe hier so angetroffen haben und ein klein wenig kann man schon nachvollziehen, warum das viele Leute damals angesprochen hat. Aber im Gegensatz zu Cagneys zahlreichen Gangsterfilmen soll er hier halt als emotionaler Anker in einer romantisch angehauchten Komödie dienen und das funktioniert nun leider gar nicht.

Gerade sein Zusammenspiel mit Dorothy lässt einen kalt, da hier keinerlei Chemie zu spüren ist. Der Film nimmt sich allerdings auch kaum Zeit die gegenseitige Annäherung irgendwie nachvollziehbar zu gestalten. Wenn Dorothy dann irgendwann darüber schwadroniert, wie gut sie Chesty inzwischen kennt ist das völlig entkoppelt von dem, was das Publikum bisher mitbekommen hat – mehr als ein kurzes Date bekommt man nämlich nicht zu sehen. Das der Film am Ende aber nicht völlig untergeht und zumindest (wenn auch in sehr seichten Gewässern) noch halbwegs den Kurs hält ist seiner nicht ganz zu leugnenden Leichtigkeit zu verdanken. So ganz ernst nimmt man sich dann meist nicht und es sind zumindest kleine Hinweise vorhanden, dass die Macher Chestys Testosteronüberschuss doch auch mit einem Augenzwinkern kommentieren möchten. Wenn Chesty auf einer riesigen Bordkanone sitzt oder sich eine Statue zwischen die Beine klemmt, dann sind das schon sehr offensichtlich eingebaute Phallus-Symbole. Und immerhin muss man zugeben, dass der Film sein Ding konsequent durchzieht und seine Hauptfigur nicht für ein Happy End auf einmal vom Saulus zum Paulus werden lässt.


Zumindest im letzten Drittel wird dann auch noch mehr für das Auge geboten, als einem jungen Kerl dabei zuzuschauen wie er sich die Hörner abstößt. Wenn Chesty hier nun zum Helden avanciert ist das zwar inhaltlich nicht ganz glaubwürdig, in Sachen Inszenierung aber sehr gut und für die damalige Zeit durchaus packend umgesetzt. Geschichtsfreunde kommen dabei im Film besonders auf ihre Kosten, denn die im Film gezeigte US Arizona wurde durch ihren späteren Untergang bei Pearl Harbor zur Legende und das imposante Luftschiff USS Macon aus dem finalen Klimax stürzte nur ein Jahr später ab und besiegelte dadurch das Ende der sogenannten Starrluftschifffahrt. Das alles ist natürlich immer noch nicht genug um aus “Here Comes the Navy“ einen guten Film zu machen, ein klein wenig erträglicher wird der Streifen so aber dennoch. Trotzdem hoffe ich, möglichst bald James Cagney in einer passenderen Rolle zu sehen, um dessen Beliebtheit beim Publikum besser nachvollziehen zu können. Denn eigentlich war dieser Cagney auch hinter der Kamera schon ein ziemlich interessanter Zeitgenosse, wie auch diese kleine Dokumentation (mit Michael J. Fox im 90er Jahre Outfit) zeigt:

"Here Comes the Navy" ist aktuell als DVD-Import auf Amazon in Deutschland verfügbar.

 

Trailer des Films


Ausblick
In unserer nächsten Folge nehmen wir es mit historischer Authentizität nicht so genau und lassen Hollywood sich in "Schrei der Gehetzten" seine eigene Legende rund um den mexikanischen Nationalhelden Pancho Villa basteln.

Bilder: Copyright

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