Melinda und Melinda

Originaltitel
Melinda and Melinda
Land
Jahr
2005
Laufzeit
99 min
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Kay Sauer / 21. Juni 2010

 

Melinda (Radha Mitchell) platzt in eine Dinner-Party hinein. Sie ist nervös, betrunken, verwirrt. Sie verlangt nach einem Drink. Als alte Freundin von Gastgeberin Laurel (Chloë Sevigny) ist sie nach eigenen Angaben "einfach so vorbeigekommen". Dass ihr das niemand abnimmt, versteht sich von selbst - Melindas Auftritt könnte nicht unpassender sein: Laurel gibt gerade mit ihrem Mann Lee (Jonny Lee Miller), einem mittelmäßigen Schauspieler mit offensichtlichen Alkoholproblemen, ein Abendessen, um ihm eine Rolle in einem Theaterstück zu verschaffen. Das Essen endet nun allerdings vorzeitig und Melinda zieht ins Gästezimmer ein. Die ohnehin angespannte Beziehung zwischen Lee und Laurel wird hart auf die Probe gestellt, denn er will die depressive Melinda am liebsten ganz schnell wieder loswerden....

Melinda platzt in eine Dinner-Party hinein. Sie hat nach eigenen Angaben genau 28 Schlaftabletten genommen und möchte sich nun am liebsten auf den Teppich übergeben. Für die Gastgeber Susan (Amanda Peet) und ihren Ehemann Hobie (Will Ferrell) ist das aus unterschiedlichen Gründen eine Katastrophe: Denn Susan wollte dem steinreichen, nun aber eher abgelenkten Steve (David Aaron Baker) die Zusage zur Finanzierung ihres zweiten Films, der "Kastrations-Sonate", entlocken. Nach Melindas Auftauchen ist daran nicht mehr zu denken und auch Hobies eigens für den Abend gezaubertes "Bestechungsessen", chilenischer Seebarsch in karamellisiertem Blätterteig, geht in Flammen auf. Aber das ist nicht das einzige was bei ihm wegen des hübschen Eindringlings entflammt....

Eine ähnliche Situation, zwei verschiedene Herangehensweisen. Es kommt nur darauf an, ob man aus dem gleichen Stoff eine Tragödie oder eine Komödie macht. Darüber diskutieren jedenfalls einige Freunde bei einem Essen in einem New Yorker Restaurant und bilden damit die Rahmenhandlung für die beiden Geschichten um Melinda. Sy ist Komödienschreiber, Al verfasst Dramen, und beide spinnen im Laufe des Abends die Verwicklungen um die Titelheldin weiter, der eine im komischen, der andere im tragischen Stil.

"Melinda und Melinda" dreht sich damit um ein vor allem in der Literatur viel diskutiertes Thema mit zwei verschiedenen Standpunkten. Welche Art der Darstellungsweise kommt dem wahren Leben näher: das Drama oder die Komödie? Ist das Leben komisch, ist es tragisch? Oder liegen das Komische und das Tragische so dicht beieinander, dass es wirklich nur darauf ankommt, was man daraus macht? Ein Meister der Komödie war zum Beispiel Charles Chaplin, doch die Ausgangssituationen in seinen Filmen waren meist tragischer Natur.
Woody Allen selbst ist bekannt dafür, dass seine komischen Helden auch immer tragische Figuren sind. Leider wurden Allens ernsthafte Filme, wie zum Beispiel "Interiors" ("Innenleben") von 1978, nicht gut aufgenommen. Er kam in die Kritik, weil man ihm vorwarf, er würde über ein Milieu drehen von dem er nichts versteht. Viele trauerten damals Allens frühen komischen Filmen wie "Bananas" oder "Sleeper" ("Der Schläfer") hinterher.
Von der Kontroverse "Drama oder Komödie" also selbst schon deutlich gezeichnet, macht es gerade für Woody Allen Sinn, dass er einmal beide Seiten getrennt in einem Film ausspinnt, anstatt sie miteinander zu verweben. Das dürfte entsprechend vor allem für Woody Allen-Fans interessant sein, gelingt aber nur teilweise: Die komödiantische Seite des Films ist witzig, leicht und wenig tiefsinnig. Die tragische ist ernst und bleibt konsequent unkomisch, schafft es aber nicht den Zuschauer emotional zu berühren, was an den ständigen Wechseln in den Komödienbereich liegt. Faszinierend mit anzusehen ist aber, wie Woody Allen die Geschichten durch veränderte Beleuchtung, Schnitte und Musik stilistisch so voneinander abhebt, dass man immer weiß, in welcher der beiden man sich gerade befindet. Besonders positiv fällt dabei auch Melinda-Darstellerin Radha Mitchell auf: Es gelingt ihr zwei grundverschiedene Charaktere zu spielen, ohne dass der Zuschauer darüber nachdenkt, dass er eigentlich ein und dieselbe Schauspielerin vor sich hat.

"Melinda und Melinda" steht sich im Endeffekt leider wegen seiner Grundidee selbst im Weg und beweist auf diese verdrehte Weise ein weiteres Mal, dass Allens besondere Stärke eben darin liegt, Tragik auch mit Komik auszudrücken. Wer also ein komisches Drama mit der Brillanz von "The Purple Rose of Cairo" erwartet, wird leider enttäuscht werden. Trotzdem macht die interessante Idee mit den zwei grundverschiedenen Erzählweisen einer Geschichte "Melinda und Melinda" zu einem der sehenswertesten Woody Allen-Filme in den letzten Jahren.


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