The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben

Originaltitel
The Imitation Game
Jahr
2014
Laufzeit
114 min
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Matthias Kastl / 16. Januar 2015

Die Code-KnackerBenedict Cumberbatch ist scheinbar überall. Seit seiner brillanten TV-Darstellung als moderner Sherlock Holmes reißt sich Hollywood nur so um den talentierten Briten (“12 years a slave“, “Star Trek Into Darkness“, “Der Hobbit“). Zurecht, wie Cumberbatch mit seinem beeindruckenden Porträt des englischen Mathematikers und Kryptoanalytikers Alan Turing in “The Imitation Game“ wieder einmal unterstreicht. Das war der Academy dann auch gleich eine Oscar-Nominierung als “Bester Hauptdarsteller“ wert, und wo sie gerade schon dabei war nominierte sie den Film dann auch noch für sieben weitere Kategorien, darunter so prestigeträchtige wie “Beste Regie“, “Bester Film“, “Bestes adaptiertes Drehbuch“ und “Bester Schnitt“. Klingt nach einem Meisterwerk? Ist es leider nicht. Stattdessen erwartet den Zuschauer zwar ein grundsolides und unterhaltsames Historien-Drama, das aber doch auch etwas zu mutlos und zu nett daherkommt, und so mangels wirklicher Tiefe nur begrenzt einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
 

Über die fehlende Tiefe seiner neuen Herausforderung kann sich Alan Turing (Benedict Cumberbatch) auf jeden Fall nicht beklagen. Der genauso brillante wie exzentrische Logiker soll, zusammen mit einem bunt-gemischten Team aus hellen Köpfen dem britischen Militär im Zweiten Weltkrieg dabei helfen, die legendäre deutsche Kodiermaschine Enigma zu entschlüsseln. Dabei trifft der nicht gerade umgängliche Turing mit seinen Marotten nicht nur bei seinem Vorgesetzten Alastair Denniston (Charles Dance), sondern auch im eigenen Team, insbesondere beim brillanten Schachspieler Hugh Alexander (Matthew Goode, “Stoker“), auf heftigen Gegenwind. Lediglich MI6-Chef Stewart Menzies (Mark Strong, “Dame, König, As, Spion“) und die aufgeweckte Joan (Keira Knightley) halten zu ihm. Sie sind überzeugt, dass der exzentrische Turing die einzige Chance ist um die Enigma zu knacken und dem Krieg eine möglicherweise entscheidende Wendung zu geben.

 

Das Leben von Alan Turing ist eine unglaublich faszinierende Geschichte. Nicht nur ist seine Beteiligung an der Entschlüsselung der berüchtigten Enigma ein spannendes Kapitel der Weltgeschichte. Mindestens genauso dramatisch ist auch das persönliche Schicksal Turings, welches ein düsteres Bild auf eine Zeit wirft, in der selbst die größten Heldentaten nicht vor Kleingeist und Angst vor andersartigem schützten. “The Imitation Game“ versucht all dies unter einen Hut zu bekommen, was ihm zumindest in Teilen gelingt. Natürlich überspitzt der Film die Situation in manchen Momenten, doch das sind meist legitime dramaturgische Abweichungen. Lediglich die Erfindung eines Treffens mit einem russischen Spion ist dann doch etwas fragwürdig, da man Turing hier etwas moralisch nicht ganz so Sauberes andichtet, das in Wirklichkeit nie stattgefunden hat.

Turing eckt anRussische Spione mal außen vor gelassen, “The Imitation Game“ basiert einfach auf einer verdammt interessanten Lebensgeschichte. Der Fokus des Films liegt dabei eindeutig auf der Zeit Turings im Militärstützpunkt Bletchley Park, wo er für den britischen Geheimdienst die deutsche Wundermaschine Enigma entschlüsseln soll. Um das Publikum aber nicht zu sehr den komplizierten Gedankengängen eines Kryptoanalytikers auszusetzen, interessiert sich der Film dabei vor allem für die Konflikte innerhalb des Teams – hauptsächlich ausgelöst durch die nicht gerade umgängliche Hauptfigur. Diese kleine Truppe brillanter Köpfe in ihrem Schuppen bei der Arbeit zu beobachten lässt einem dann auch immer wieder ein Lächeln über die Lippen kommen. Es ist Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet dieser kleine Haufen “Nerds“ entscheidender für den Krieg sein konnte als 10.000 muskelbepackte Soldaten auf dem Schlachtfeld. Allerdings fällt bei der Teamzusammenstellung unserer Logiker auch auf, dass es sich das Drehbuch ein bisschen zu einfach macht und Turings direkten Vorgesetzten Denniston sowie den Rest seines Teams (den von Matthew Goode wundervoll gespielten Hugh mal ausgenommen) nicht gerade als vielschichtig portraitiert.

Das ist noch relativ verschmerzbar, schließlich haben wir ja einen Cumberbatch in Höchstform. Dem gelingt es auf wundervolle Art und Weise, seinen Turing genauso exzentrisch wie auch sympathisch zu halten und damit das wichtige Band zwischen Zuschauer und Hauptfigur über die gesamte Dauer des Films schön eng zu halten. Das ist auch deswegen so lobenswert, weil doch schon einige Ähnlichkeiten zwischen Turing und Cumberbatchs Paraderolle als Sherlock Holmes bestehen, trotzdem aber nicht einmal ansatzweise das Gefühl aufkommt, er würde sich bei Holmes bedienen um lediglich eine weitere Kopie des brillanten aber sozial unfähigen Außenseiters zu kreieren. Stattdessen ist Cumberbatch eindeutig das Herz und die Seele dieses Films, unterstützt von einer sympathisch aufspielenden Keira Knightly, deren Oscar-Nominierung aber wohl weniger der “lediglich“ guten Leistung, als dem diesjährig schwachen Teilnehmerfeld geschuldet ist. Schade nur, dass nicht alle Bereiche des Films eine ähnliche Leidenschaft an den Tag legen wie unsere beiden Hauptdarsteller.

“The Imitation Game“ wirkt manchmal nämlich dann doch auch etwas mutlos. Das liegt vor allem an einem Drehbuch, bei dem man das Gefühl hat, das es niemanden mit zu komplexen Sachverhalten vergraulen will und bei brisanten Themen lieber die Seidenhandschuhe anzieht. Am deutlichsten wird dies beim großen Elefanten im Raum – der Homosexualität Turings. Hier wirkt der Film überfordert. Man kann sie unmöglich ignorieren, aber zuviel zeigen und vor allem zu grafisch werden will man bei einem Feel-Good-Film, der für alle da ist, lieber auch nicht – so wirkt ein bisschen die Herangehensweise der Macher. So wird vor allem das letzte Kapitel, in dem das Thema eine entscheidende Rolle spielt, halbherzig und viel zu überhastet abgehandelt – fast so, als ob es sich nur um eine lästige Chronistenpflicht handelt. Wer sich ein paar nette Einblicke in die Welt der Spionage oder gar der Kryptologie erhofft hat wird ebenfalls enttäuscht – alles scheinbar zu komplex für das Publikum. Und auch so mancher Konflikt wird schon auf sehr einfache Art und Weise vom Drehbuch gelöst, zum Beispiel wenn sich das Team spontan vom Turing-Hasser zum Turing-Verehrer wandelt und so dessen Ablösung verhindert.

Turing stellt Joan einMit anderen Worten, so richtig tiefgründig und komplex wird es bei “The Imititation Game“ eigentlich nie. Die Rollen sind klar verteilt, Ecken und Kanten werden lieber umschifft und stattdessen wird auf eine einfach zu folgende Handlung und einfach zu verstehende Figuren gesetzt. Daraus ergibt sich aber ein kleines Dilemma. So nett das alles nämlich immer noch anzuschauen ist, dadurch, dass man nie wirklich tief in irgendeinen Aspekt der Geschichte eintaucht, verlieren die großen Momente am Ende doch schon etwas an Strahlkraft. Die Entschlüsselung der Enigma, das große moralische Dilemma, vor dem sich das Team anschließend befindet - eigentlich alles hochdramatische und vor allem hochemotionale Augenblicke. Doch diese Dramatik und Emotion ist nicht so spürbar wie sie es eigentlich sein sollte. Wie auch, wenn man bisher meistens immer nur an der Oberfläche der Dinge geblieben ist.

Manch einem Regisseur mag es gelingen derartige Schwächen zumindest teilweise mit einer packenden Inszenierung aufzufangen - Morten Tyldums gehört nicht dazu. Seine sehr ruhige und elegante Inszenierung ist zwar für viele Szenen passend, doch genau dann, wenn man dem Geschehen etwas mehr Emotion und Spannung verpassen müsste, behält er seinen gemächlichen Stil unverdrossen bei. Bloß nichts falsch machen scheint es wieder von den Dächern zu rufen. So dümpelt “The Imitation Game“ in Punkto Spannungsaufbau letztendlich deutlich lahmer vor sich hin als ihm gut tut.

Das sind jetzt natürlich harsche Worte und deswegen müssen wir noch einmal klar stellen: “The Imitation Game“ ist immer noch ein ordentliches und kompetent gemachtes Stück Kino. Und dank Cumberbatch manchmal auch noch ein klein bisschen mehr. Aber ein richtig guter Film, wie man das angesichts der Oscar-Nominierungsflut vielleicht meinen könnte, ist er eben auch nicht. Dafür fehlt, neben der Komplexität, dass man eine echte Leidenschaft der Macher spürt - stattdessen wirkt “The Imitation Game“ zu kalkuliert und risikoscheu. So reicht es zwar für einen immer noch unterhaltsamen, nicht aber einen großen Kinoabend. 

Bilder: Copyright

6
6/10

ich habe "birdman" noch nicht gesehen, aber dass tut hier auch nichts zur Sache.

Stimme dem Rezensenten größtenteils zu. Der Film ist unterhaltsam und interessant, aber viel zu oberflächlich. Gerade was die Methoden der Entschlüsselung angeht: Das Thema ist über die volle Laufzeit zentral und allgegenwärtig, aber die Frage nach dem "Wie" wird kaum gestellt. Und wenn Turing mal in Erklärungsnot gerät, werden ihm Sätze in den Mund gelegt, mit denen sich kein Drittklässler zufrieden geben würde. Und die vermeintlich "genialen" Teamkollegen verkommen zu Statisten, die scheinbar nichtmal grob wissen (wollen?), was der Turing denn da treibt.

Alles viel zu vereinfacht. Aber es gibt auch ein paar starke Momente, und so bleibt es wirklich ein guter Film. Nur auf einer anderen, seichteren Ebene. Keira Knightley wirkte übrigens auf mich eher deplatziert und alles andere als authentisch.

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9
9/10

Ich bin eher durch Zufall zu diesem Film gekommen und bin begeistert. Zum Glück wurde nicht auf die Details der Entschlüsselung eingegangen, da es den Film meiner Meinung nach langweilig gemacht hätte. Der Film ist toll fotografiert und Cumberbatch spielt grossartig. Sein Team bleibt aber blass und hat nur Statisten Status.
Alles in Allem toll gefilmt und toll gespielt.
Was will man mehr?

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7
7/10

Neulich im Flugzeug gesehen.

Auf der Plus-Seite Story+Figuren mit genügend Komplexität, gut gespielt. Insgesamt ein unterhaltsamer und gut gemachter Film. Cumberbatch spielt das "unaufhaltsame Genie mit Asperger-Syndrom" wirklich prima, das Drehbuch funktioniert.

Auf der Minusseite ist ganz klar daß die Story dem historischen Turing leider nicht gerecht wird und die Story leider größtenteils erfunden oder zumindest sehr stark frisiert ist.

Zum einen hat Turing selbst scheinbar kein vergleichbare Tendenz zum autistischen Spektrum hin und war von seinen Kollegen sogar sehr gemocht. Zum zweiten ist die romantische Sehnsucht nach seinem Freund die die Filmfigur per Namensgebung in die Rechenmaschine projeziert so nicht korrekt, die Maschine war von vorneherein eine Gemeinschaftsarbeit und nicht Turing's "Privatprojekt", der Schlüssel der im Film dann zur Lösung des Enigma-Codes führt kam nicht erst nach dem Aufbauen der Maschine sondern war bereits Grundlage für die Gestaltung... etc...

Außerdem ist es bis heute nicht geklährt ob sich Turing wirklich selbst umgebracht hat oder nicht doch einer Vergiftung mit Labor-Arbeitsmitteln zum Opfer lag.

Ausserdem ist mir die Art wie Turing sich als Individuum im Film gegen alle Widerstände durchsetzt etwas zu amerikanisch.

Trotzdem gut gemacht und sehr unterhaltsam.

Davon einem so ans Herz zu gehen wie der vage ähnlich gelagerte "A Beautiful Mind" ist man hier allerdings um Längen entfernt.

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