Und wieder hat es einen erwischt. Nach Oliver Hirschbiegels unnötiger "Invasion" und Mennan Yapos' uninspirierter "Vorahnung" gesellt sich nun auch Marco Kreuzpaintner mit "Trade - Willkommen in Amerika" in die Riege deutscher Regie-Talente, die dieses Jahr ihr Hollywood-Debüt gründlich verpatzt haben. Leider ist dies zugleich auch der frustrierendste dieser drei Fehltritte, denn dieses Projekt gab eigentlich den meisten Grund zur Hoffnung. Kreuzpaintner offenbart nämlich unglaublichen Mut mit der Auswahl seines Stoffes, schließlich widmen sich nicht viele Regisseure bei ihrer US-Premiere so heiklen Themen wie internationalen Menschenhändlerringen und dem sexuellen Missbrauch von Kindern. Mutig ist es ja wirklich was sich Kreuzpaintner mit der Unterstützung von Roland Emmerichs Produktionsfirma Centropolis Entertainment da vorgenommen hat. Knapp eine Millionen Menschen werden jedes Jahr weltweit verschleppt, vorzugsweise junge Frauen und Kinder die oft als Sexsklaven in westliche Länder verkauft werden (dies thematisierte auch schon Lukas Moodysson in dem überragenden "Lilja 4-ever"). Wirklich präsent ist dieses Thema nur selten in den Medien und "Trade - Willkommen in Amerika" hat nun das löbliche Ziel, dies zu ändern. Basierend auf einem Artikel des New York Times Magazine konzentriert sich der Film auf den illegalen Menschenhandel zwischen Mexiko und den USA und versucht, dieses System durch die Schilderung von Einzelschicksalen zu beleuchten. Mit "Sommersturm" hatte der nun 30-jährige Kreuzpaintner sich ja schon mit dem nicht gerade Multiplex-freundlichen Thema der Selbstfindung eines homosexuellen Jugendlichen beschäftigt, nun will er mit seinem neuesten Streifen also die Machenschaften von internationalen Menschenhändlerringen und den damit verbundenen sexuellen Missbrauch von Frauen und Kindern beleuchten. Harter Tobak und programmiertes Multiplexgift - da haben sich die Macher auf jeden Fall einen großen Vorausbonus verdient. Den hat der Film am Ende aber leider wieder komplett verspielt, den spätestens nach einer halben Stunde beginnt der Film kontinuierlich Raubbau an den so hart erarbeiteten Vorschlusslorbeeren zu betreiben. Spätestens wenn der junge Jorge dann aber auf den erfahrenen Cop Ray trifft, beginnen erste dunkle Wolken am Horizont aufzuziehen. Im Glauben, die düstere Grundstimmung des Filmes zumindest teilweise auflockern zu müssen, wird nun der Geschichte eine Prise Buddy-Road-Movie injiziert, die mehr als befremdlich wirkt. Zum einen wird dabei oft Humor ohne jegliche Sensibilität für die jeweilige Situation in die Geschichte integriert. Da erfährt Jorge zum Beispiel, dass seine Schwester über das Internet an den Meistbietenden verschachert wird, und reißt dann nur Sekunden später locker Witze über Rays Musikgeschmack. Zum anderen gehen viele Auflockerungsversuche auf Kosten der Mexikaner und befriedigen auf ziemliche plumpe Weise amerikanische Klischees. Wenn Ray meint, Jorge solle doch bitte allen US-Cops trauen, man sei ja schließlich nicht in Mexiko, und dann Jorges Körpergeruch kritisiert um ihn postwendend unter die Dusche zu stecken - ja dann präsentiert man mal wieder das schöne Bild vom dreckigen und korrupten Mexikaner. Und das hat hier nun mal wirklich gar nichts zu suchen. Etwas mehr Zugang bietet zumindest die Parallelhandlung, in der die verschleppten Adriana und Veronica deutlich mehr Leinwandchemie erzeugen, was auch daran liegt, das dieser Teil mit dem deutlich talentierteren Kinderdarsteller aufwartet. Doch wirkliche Tiefe verleiht auch diese Geschichte ihren Figuren nicht, da sich der Film hier alleine auf das Zeigen von Extremsituationen beschränkt. Diese bestehen meistens aus körperlichen, sexuellen oder seelischen Misshandlungen und sind natürlich ein wichtiger Bestandteil eines solchen Filmes; insbesondere eine Szene in einem Kornfeld gibt einen erschütternden Einblick in die kranke Welt, in die Adriana und Veronica geraten. Diese melodramatische Herangehensweise des Films wird dann leider im weiteren Verlauf der Geschichte ins beinahe Unermessliche gesteigert, und das bricht dem ganzen Unternehmen dann endgültig das Genick. Denn in der letzten halben Stunde wird auf erschreckende Weise offensichtlich, dass es den Machern wirklich nur noch darum geht, Figuren mit extremen Situationen und Entscheidungen zu konfrontieren um den maximalen melodramatischen Effekt zu erreichen. Dafür wird dann auch jegliche Logik und das Verständnis für Figuren komplett über Bord geworfen, und genau das ist nicht einfach nur ärgerlich, sondern auch wirklich verwerflich. Die Selbstaufgabe eines wichtigen Protagonisten, die vollkommen aus der Luft gegriffene Wandlung eines Bösewichtes vom Saulus zum Paulus und das überkonstruierte moralische Dilemma, vor das Ray am Ende gestellt wird - was zum Teufel hat die Macher denn da geritten. So lobenswert die Themenwahl auch ist und so leicht man sich von dem emotionalen Overkill des Films blenden lassen kann, "Trade - Willkommen in Amerika" ist ein missglückter und stellenweise sogar richtig ärgerlicher Versuch Licht auf ein Thema zu werfen, das einen viel besseren Film verdient hat. Vielleicht sollten wir ernsthaft in Erwägung ziehen einen Ausfuhrstopp für deutsche Regisseure zu verhängen. Gut hat ihnen die Hollywood-Luft dieses Jahr auf jeden Fall nicht bekommen. |
Bilder: Courtesy of 20th Century Fox, Copyright 2007 |
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