"Polly Blue Eyes" beweist, dass man in einem deutschen Film Spaß haben kann, auch wenn die Geschichte kaum Sinn macht. Tomy Wigand ("Das Fliegende Klassenzimmer", "Fußball ist unser Leben") führte Regie bei diesem Storybrei, an dem ein Haufen Köche beteiligt war, der aber trotzdem nicht sauer aufstößt.
Polly (Susanne Bormann, "Liegen lernen") ist frisch aus dem Knast entlassen und will mit ihrem "Ersparten" ein neues Leben beginnen. Der erste Zwischenstopp auf dem Weg in die Normalität ist der neue Job: Hier kommt nur die ultimative Fast-Food-Kette "Cheops" in Frage, von der aus Polly auch noch einen neuen Freund (dummerweise Polizist) und eine Wohnung ergattert. Das Leben könnte so schön sein, gäbe es da nicht ihre durchgeknallte Loser-Kleinkriminellen-Familie und den Imbissbudenganoven Ronnie (Matthias Schweighöfer, "Kammerflimmern", "Soloalbum"), der Polly unbedingt ins Bett und in die nächste Straftat führen will.
Gleich vier Drehbuchschreiber warfen hier einen Haufen guter (und weniger guter) Ideen zusammen, die den Zuschauer zwar oft auflachen lassen, dafür in der Gesamtmixtur aber nur als wirre und konfuse Geschichte rüberkommen, die auch eher unpassend endet. Ist das hier ein Drama, eine Komödie, ein Gangsterfilm oder eine Lovestory? Geht es um eine Frau zwischen zwei Männern oder um eine Tochter, die sich von ihrer kriminellen Familie emanzipieren will? Ehrlich gesagt: keine Ahnung.
Dafür sind die Schauspieler großartig in ihren bizarren Rollen: Die Gangster-Emanze Polly, der schmierige Ronnie, das dumme Blondchen, der Verlierer-Vater, die Schlampen-Schwester und die dauerbesoffene Mutter sind einfach köstlich. Besonders Ulrich Noethen ("Bibi Blocksberg", "Der Untergang") ist einfach wunderbar in der Vater-Rolle. Der nette Polizist und Polly-Freund Stefan hingegen bleibt sehr farblos und passt nicht wirklich zum Rest der Chaos-Truppe, womit er symptomatisch für den ganzen Film steht: Alle schrägen und skurrilen Situationen sind köstlich, während alles, was realistisch gemeint ist (wie eben auch Stefan, der nette Polizist), daneben verblasst und unpassend erscheint.
Doch wenn Schweighöfer mit Harald Juhnkes Paradenummer "Barfuß oder Lackschuh" auftritt oder Polly den Filialleiter im Bewerbungsgespräch bei Cheops mit einem Vortrag verzaubert, der wirkt wie amerikanische Reden zum Unabhängigkeitstag, dann weiß man, warum man in diesem Film ist: Für die kleinen, wundervollen Momente, die dem Storybrei seine wahre Würze verleihen. Hinzu kommen die Kameraperspektiven und filmischen Spielchen, die "Polly Blue Eyes" zu einer visuellen Karussellfahrt machen, wie wir sie seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen haben.
"Polly Blue Eyes" ist zwar kein Film, bei dem man hinterher intellektuell angehaucht über den Sinn des Universums palavern kann, dafür aber junges schräges flottes Spaßkino, welches eine willkommene Abwechslung zur üblichen Tristesse bierernster deutscher Filme bietet.
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