Heart of Stone

Land
Jahr
2023
Laufzeit
122 min
Regie
Release Date
Streaming
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 12. August 2023

So wirklich Hoffnung auf einen tollen Film-Event hat man ja inzwischen nicht mehr, wenn die Streaming-Anbieter mal wieder die Werbetrommel für eine ihrer Großproduktionen rühren. Gerade wenn Netflix bisher bombastisches Action-Spektakel versprach ("Red Notice", "The Gray Man", "6 Underground" oder "Tyler Rake: Extraction") war das Endergebnis, dank glattgebügelter Formelhaftigkeit, meist nur mäßig mitreißend. Da reiht sich dann auch “Heart of Stone“ nahtlos ein, der das Charisma-Reservoir seiner Hauptdarstellerin nie wirklich ausschöpft und trotz ordentlicher Action-Szenen einfach zu kalkuliert und steril daherkommt, um den Puls des Publikums so richtig anheben zu können.

In den Augen des MI-6-Agenten Parker (Jamie Dornan, “Belfast“) ist die Hackerin Rachel Stone (Gal Gadot, “Wonder Woman“, “Tod auf dem Nil“) das zu beschützende Nesthäkchen seines Teams. Als die mysteriöse Keya (Alia Bhatt) eine wichtige Mission des Teams sabotiert und diese zu entgleiten droht, zeigt die sonst so zurückhaltende Rachel aber einen überraschend ausgeprägten Kampfgeist. Sie entpuppt sich nämlich als Undercover-Superagentin der Geheimorganisation “The Charter“, deren Mitglieder auf der ganzen Welt (Vorsicht, Franchise-Alarm) für das Gute kämpfen. Unterstützt werden sie dabei von dem allwissenden Supercomputer “das Herz“, der allerdings nun selbst in Gefahr ist, da ein paar üble Zeitgenossen dessen Fähigkeiten gerne für weniger noble Zwecke einsetzen möchten.

 

So ein klein wenig erinnert das Szenario hier an den neuesten Teil der "Mission Impossible"-Reihe, bei dem ja auch eine künstliche Intelligenz als zentrales Plotelement herhalten durfte. Genau so eine Franchise dürfte den Machern wohl bei der Planung des Films im Kopf geschwebt haben, doch vom Unterhaltungsfaktor eines Ethan Hunts und seines Teams ist man hier dann doch deutlich entfernt. Auch wenn man sich, ähnlich wie die "Mission Impossible"-Reihe, an ein simples und vielfach erprobtes Grundrezept hält.

Bei Netflix bedeutet dies, dass man rund um einen Hollywoodstar (Gal Gadot) ein möglichst internationales Schauspielerteam packt (wie den indischen Star Alia Bhatt und Netflix Lieblingsdeutschen Matthias Schweighöfer), um auch ja international breit andocken zu können. Die schickt man dann an möglichst exotische Locations, lässt es dort paar mal krachen und konstruiert möglichst alles so sorgfältig, dass man im Erfolgsfall daraus ganz leicht eine Franchise basteln kann.    

Der Haken an der Sache: Im Vergleich zum großen Vorbild merkt man "Heart of Stone" diesen formelhaften Charakter fast jede Minute an. Die durchaus kompetent gemachten Action-Szenen sind zwar dank gut eingesetztem Produktionsbudget ordentliche Hingucker geworden, wirklich mitreißen können sie aber nur bedingt. Das liegt vor allem daran, dass die Figuren viel zu perfekt und farblos daherkommen, als dass man wirklich in das Geschehen auf dem Bildschirm emotional involviert wird.

Die Eröffnungssequenz in den Alpen erinnert so eher an ein Computerspiel, das man lieber selber zocken als einfach nur anschauen möchte, weil unser allwissender Supercomputer im Wesentlichen Stone die perfekte Marschroute für ihren Kampf vorgibt. Wobei Stone das gefühlt gar nicht brauchen würde, verfügt sie doch ebenfalls über scheinbar übermenschliche Qualitäten. Wo ein Ethan Hunt noch den guten Luther für Hacker-Aufgaben benötigt, ist Stone (im deutlich jüngeren Alter) sowohl am Rechner als auch im Nahkampf einfach schon (zu) perfekt ausgebildet. Ganz zu schweigen von ihrer Kontrahentin Keya, die mit Anfang 20 nicht nur jedes Computersystem lahm legt, sondern sich auch unerschrocken aus Flugzeugen stürzt.

Würde man das mit einem gewissen Augenzwinkern durchziehen, könnte das natürlich trotzdem ganz unterhaltsam werden. Stattdessen herrscht hier aber eine viel zu nachdenkliche und frostige Grundstimmung. Gerade der Charakter von Gal Gadot ist schon irritierend oft in sich versunken, ja fast melancholisch, was wirklich die komplett falsche Herangehensweise für diese Art Film ist. Vor allem angesichts von Gadots großem Charisma-Potential. So langsam sollte Gadot dann auch mal ihre Rollenwahl überdenken, denn seit dem so wundervoll-energetischen Auftritt als "Wonder Woman" kam da leider nicht mehr viel Gutes.

So richtig Funken sprühen hier zwischen den Figuren auch nicht, da man dann doch möglichst schnell wieder zur nächsten Action-Sequenz hopsen möchte, auf denen der eigentliche Fokus liegt. Auch die Motivation des großen Gegenspielers wirkt bei genauerem Hinsehen ziemlich einfallslos konstruiert wie überhaupt vieles hier einfach eine Spur zu herzlos zusammengezimmert ist. Immerhin gibt es die ein oder andere überraschende Wendung, doch das sind am Ende einfach zu wenig kreative Energiespritzen für über zwei Stunden Film.

So fällt es schwer diesen Film trotz der netten Schauwerte und manch ordentlich inszenierter Action-Sequenz wirklich zu mögen. Auch weil immer wieder zu aufdringlich  die Idee einer Franchise platziert wird. Ständig wird einem erzählt wie außergewöhnlich die Organisation "The Charter" ist und was für eine wichtige und spannende Arbeit hier auf der ganzen Welt verrichtet wird. Irgendwann geht es einem aber so wie mit der Bekanntschaft auf der Party, die ständig sich selbst lobt, aber im Hier und Jetzt nicht wirklich am Gegenüber interessiert ist – schnell vergessen und weiterziehen.

Vielleicht sollte man bei Netflix einfach mal mehr Herzblut in den Film selbst stecken als in die Gedanken an mögliche zukünftige Franchise-Szenarien und klingelnde Kassen. So bleibt wieder mal ein Event-Film, der schon irgendwie noch ganz o.k. zum Anschauen ist, am Ende aber wenig Lust auf eine mögliche Fortsetzung macht. Und das kann ja jetzt auch nicht im Interesse unseres Streaming-Riesen sein.

Bilder: Copyright

4
4/10

Die neueste Netflix-Eigenproduktion "Heart of Stone" ist ganz offensichtlich für Fanboys der schönen Israelin gedreht worden, was man am voyeuristischen Intro im James Bond Stil und dem Titelsong "I love you" unschwer erkennen kann. Inhaltlich erwartet einen der übliche Agentenbrei mit sehr viel Action aus der KI-Retorte und den für Netflix typischen, unterirdisch schlechten Spezialeffekten. Story und Dialoge sind so originell und schmackhaft wie eine "Pizza Ananas". Da kann die wie immer tolle Hauptdarstellerin auch nicht viel retten.

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