Das
Grundkonzept von "Reine Nervensache"
war so einfach und brillant, wie sich das gehört für einen
Film, der sich in einem Satz zusammenfassen lässt und
trotzdem
noch wie eine gute Idee klingt: Neurotischer Mafiaboss (und
auch noch
gespielt von Robert de Niro höchst selbst, wie cool kommt
das
denn!) begibt sich in psychiatrische Behandlung und entdeckt
seine
sensible Seite. Ein Riesenbrüller! Und das war es auch:
"Reine
Nervensache" war eine sehr unterhaltsame und sehr amüsante
Komödie, die das Potential ihrer Grundidee perfekt
ausschöpfte
und schnell genug aufhörte, bevor es langweilig zu werden
begann.
Denn überstrapazieren sollte man so ein Konzept nicht.
Tut man aber natürlich doch, schließlich sind wir in
Hollywood,
gute Ideen ohnehin zusehends Mangelware, und was einmal
geklappt hat,
klappt auch noch ein zweites Mal. Und deshalb wird von jedem
Film
eine Fortsetzung gedreht, solange dieser über 100 Millionen
Dollar
eingespielt hat. Egal, ob der Stoff das hergibt. Auch egal,
ob Robert
de Niro sein knochenhartes Image, dessen Karikierung im
Original noch
das entscheidende Salz in der Suppe war, in der Zwischenzeit
durch
inflationären Gebrauch in ähnlich gelagerten Possen ("Meine
Braut, ihr Vater und ich", "Showtime")
fast vollständig ruiniert hat.
Und
deshalb wird Mafia-Boss Paul Vitti gegen Ende seiner
Haftstrafe erneut
in die Obhut seines alten Seelenkleppners Ben Sobel (Billy
Crystal)
übergeben, weil der große Gangster auf einmal abwechselnd
Musicalnummern singt oder völlig apathisch in seiner Zelle
hockt.
Das entpuppt sich indes bald als äußerst überzeugend
vorgeführtes Täuschungsmanöver, da Vitti selbst im
Knast seines Lebens nicht mehr sicher ist und nun aus dem
sicheren
Hort im Hause seines Psychiaters herausfinden will, wer
seiner alten
Freunde oder Konkurrenten ihm ans Leder will.
Das ist zumindest die grundlegende Handlung, aber die ist im
Prinzip
auch egal, denn es geht lediglich darum, aus jeder
Situation, die
sich irgendwie einstricken lässt, einen möglichst guten
Gag heraus zu holen. Dass dem bereits die Abwegigkeit
diverser Szenarien
im Wege steht, ist eines der Grundprobleme von "Reine
Nervensache
2": So führt z.B. Sobels Vorschlag, Vitti solle sich einen
ernsthaften Job suchen, zu einer kurzen Sequenz, die dessen
Scheitern
u.a. als Luxusautoverkäufer oder Chefkellner illustriert -
völlig
egal, dass man diese Jobs nicht einfach so
hinterhergeschmissen bekommt.
Hauptsache, es ist lustig.
Ähnlich
komisch sollte die Idee funktionieren, dass Vitti
schließlich
als "technischer Berater" bei einer Fernsehserie namens
"Little Cesar" landet, wo er dem einen Mafiaboss spielenden
Hauptdarsteller dabei hilft, auch wie ein echter Mafiaboss
zu wirken.
Wohl gedacht als kleiner Seitenhieb auf die in den USA
äußerst
erfolgreiche (und bei uns leider gänzlich untergegangene)
TV-Serie
"The Sopranos" (die wiederum zumindest partiell von "Reine
Nervensache" inspiriert war), wird dieser Gag
überstrapaziert
und verpufft die meiste Zeit wirkungslos.
Dem Handlungsunterbau des ersten Teils folgend, wird auch
Paul Vittis
tiefenpsychologisches Urproblem (ein Vater-Komplex feinster
Prägung)
wieder aufgewärmt, und weil das nicht reicht, kriegt Dr.
Sobel
gleich genau den selben Komplex verpasst - auf dass sich die
Rollen
vertauschen mögen und sich Mafiaboss und Psychiater
gegenseitig
therapieren, um dann im ungünstigsten Moment diesmal
zusammen
loszuheulen. Klingt auch nicht witzig? Ist es auch nicht.
Wenn sich
der Film dann auch noch immer mehr in derben Sex-Zoten
verliert, ist
das verzweifelte Suchen der Autoren nach halbwegs
brauchbaren Witzen
mehr als deutlich spürbar.
"Reine Nervensache 2" ist nicht komplett unkomisch und kann immer noch einige gute Lacher für sich verbuchen, was bei einer eigenständigen Komödie vielleicht zu einem milderen Urteil gereicht hätte. Hier jedoch hat man einfach nur eine müde Weiterdrehe einer längst nicht mehr frischen Idee vor sich, die in jeder Minute schmerzlich daran erinnert, wie viel besser der erste Teil war, und wie erbärmlich der Fortsetzungswahn in Hollywood inzwischen geworden ist. Robert de Niro nimmt jedenfalls dank solcher Filme inzwischen wohl überhaupt niemand mehr ernst (dabei ist die Fortsetzung von "Meine Braut, ..." noch gar nicht angelaufen). Dass sein einstiger Ziehvater Martin Scorsese inzwischen lieber Filme mit Leonardo di Caprio dreht, sollte dem einstmals großen Bob zu denken geben, bevor er sich weiter für derart halbgare Komödienware verschwendet.
Neuen Kommentar hinzufügen