Der schwarze Falke - Special Edition (2 DVDs)
bei Amazon bestellen >>>
Schon die erste Szene ist legendär: Eine Haustür wird geöffnet, und eine Frau tritt hinaus auf ihre Veranda, mitten im sandigen Nirgendwo von Texas. Man braucht einen Moment, um mit ihr die Gestalt zu bemerken, die sich in der Ferne aus der Prärie herauslöst. Der Eindruck drängt sich auf, dass der Mann und die Landschaft eigentlich eins sind, und es ist dieser Eindruck, der viele folgende Western diese Szene ehrfurchtsvoll zitieren ließ (wie zum Beispiel Wim Wenders in "Paris, Texas"). Kein anderer Film seines Genres zeichnete den Cowboy so nachhaltig als tragische Figur, zum Aussterben verdammt in einer sich neu ordnenden Welt und für immer auf der Suche nach einem Zuhause, dass er schließlich nur in dem offenen Land findet, durch das er unentwegt schweift. Die scheinbar idyllische Heimkehr wird denn auch sofort gebrochen. Der Mann, der dort aus der Prärie kommt, ist Ethan Edwards (John Wayne), Südstaaten-Veteran aus dem Bürgerkrieg und seit Kriegsende auf der Flucht. Die Frau, die ihn empfängt, ist nicht seine Frau, sondern die seines Bruders Aaron. Es ist nicht sein Zuhause, nicht seine Familie, und Ethan wird sich hier auch nicht zuhause fühlen. Wenn Regisseur John Ford diese Einstellung am Schluss wiederholt, hat Ethans Mission ein Ende gefunden, seine Heimatlosigkeit jedoch nicht. Er wendet sich zurück zur Prärie, aus der er gekommen ist, für immer auf der Suche nach einer Haustür, die sich hinter und nicht vor ihm schließen wird. Der so simple wie perfekte Originaltitel "The Searchers" fängt die Dualität der Geschichte perfekt ein: Oberflächlich erzählt der Film die Geschichte der Suche nach einem gekidnappten Mädchen, doch als diese vorbei ist, geht die eigentliche, die ewige Suche des Helden weiter (der deutsche Titel "Der schwarze Falke" bezieht sich auf den Namen des Kidnappers und Indianerhäuptlings in der deutschen Synchronfassung und ist für den Film so dermaßen unpassend, dass er komplett ignoriert gehört). Ethan wird von seinem Bruder und dessen Familie in Empfang genommen, und in wenigen Minuten erfahren wir alles, was wir je sicher über Ethan wissen werden. Er verschenkt seinen Säbel und seine Kriegsorden an die Kinder, Symbole einer verlorenen Schlacht, die für ihn wertlos geworden sind, obwohl Ethan den Kampf nie aufgegeben hat: Er beharrt darauf, dass sein Schwur auf die Südstaaten immer noch Geltung hat. Eine Weigerung, die verlorene Ordnung loszulassen, die nicht nur sinnbildlich für Ethans "Verdammnis" zum ewigen Umherwandern steht, sondern sich auch in seiner zweiten hervorstechenden Eigenschaft spiegelt: Ethan ist ein Rassist. Als Martin Pawley, der Adoptivsohn seines Bruders, den Raum betritt, mustert Ethan ihn mit schiefem Blick und stellt sofort abschätzig fest, dass Martin ein Mischblut ist, teils weiß, teils Indianer. Woher Ethans abgrundtiefer Hass auf Indianer herrührt, wird niemals erklärt, doch er wird zu seiner entscheidenden Triebkraft für den Rest des Films werden. Diese Szene raubt beim ersten Betrachten den Atem, so unfassbar erscheint die von abgrundtiefem, blindem Hass geschürte Geste gerade weil sie von keinem Geringeren als John Wayne kommt, diesem ewigen Denkmal rechtschaffener, amerikanischer Moral. Regisseur John Ford setzte den Mythos Wayne, den er selbst entscheidend mitgeprägt hatte, kongenial ein, um hier eben jenen Archetypen des Westernhelden zu brechen, den Wayne wie kein anderer versinnbildlichte. Wenig überraschend, dass John Wayne selbst hier die vielleicht beste schauspielerische Leistung seiner Karriere ablieferte, gab "The Searchers" ihm schließlich Dimensionen und Abgründe zu spielen, die seinen bisherigen (und späteren) Filmfiguren prinzipiell untergesagt geblieben waren. "The Searchers" ist der unbestreitbare Höhepunkt sowohl im Schaffen von John Ford als auch von John Wayne, die gerade durch ihre zahlreichen gemeinsamen Arbeiten das Western-Genre prägten wie kein anderer Regisseur und kein anderer Darsteller. Nicht nur das manifestiert seine Ausnahmestellung in der Filmgeschichte, sondern auch und vor allem seine Geschichte von einem ewig getriebenen Mann, der Ordnung in eine Welt zu bringen versucht, die ihn bereits vergessen hat. Dieses Grundthema von "The Searchers" ist seitdem viele Male zitiert und neu interpretiert worden, am Berühmtesten von Martin Scorsese und seinem Autor Paul Schrader in "Taxi Driver". Auch Travis Bickle (Robert de Niro) kehrt dort als Veteran aus einem verlorenen Krieg zurück (in seinem Fall Vietnam) in eine Welt, die für ihn die Ordnung verloren hat. Und genau wie Ethan unternimmt Travis einen verzweifelten (sinnlosen) Versuch, durch die Errettung eines geschändeten Mädchens die Ordnung wieder herzustellen. "The Searchers" ist in vielen Belangen ein grandioses Meisterwerk, von der Schauspielleistung John Waynes über das hervorragende Drehbuch von Frank S. Nugent, das mit seiner kargen Sprache und markanten Onelinern einige Sätze enthält, die selbst heute noch als endlos cool durchgehen würden, bis hin natürlich zu John Fords Inszenierung, der einen Großteil des Films an Originalschauplätzen im Monument Valley drehte und die atemberaubende Schönheit dieser Gegend in ebenso atemberaubenden Bildern einfing, die in der Geschichte des Westerns ihresgleichen suchen. Das wird auch im Bonus-Material der inzwischen erschienenen Special Edition-Doppel-DVD von "The Searchers" deutlich, die den Film komplett restauriert in atemberaubend kräftigen Bildern wieder aufleben lässt. In der Dokumentation "Der schwarze Falke: Eine Würdigung" analysieren und erläutern Martin Scorsese, Curtis Hanson ("L.A. Confidential") und John Milius (Autor von "Apocalypse Now"), allesamt große Bewunderer von John Ford und seinem Werk, den Film ehrfurchtsvoll und geben Einblicke in Bildsprache, Aussagen und Nachwirkungen von "The Searchers". Ähnliches leistet auch der begleitende Audiokommentar von Regisseur Peter Bogdanovich. |
Neuen Kommentar hinzufügen