Wer
im letzten Sommer auf dem traditionsreichen Studiogelände in
Potsdam-Babelsberg unterwegs war, hatte die seltene Chance, eine
Hollywood-Großproduktion hautnah zu erleben. Dass der neue
Film der Wachowski-Brüder Andy und Larry (die Erfinder der
"Matrix" und
die kreativen Köpfe hinter "V
wie Vendetta") komplett in vier Hallen der Babelsberger
Studios gedreht wurde, hatte zwei ausschlaggebende Gründe:
Erstens erlaubt die jüngste Änderung der Richtlinien der
deutschen Filmförderung auch die Unterstützung ausländischer
Produktionen, sofern diese zum Großteil in Deutschland gedreht
werden (und somit Arbeit bringen) - weshalb zur selben Zeit übrigens
der Stauffenberg-Film mit Tom Cruise nur wenige hundert Meter weiter
campierte. Zweitens war es im Falle von "Speed Racer"
komplett egal, wo man den Film drehte, denn man brauchte nur Schauspieler,
Kostüme und ein paar leere Studiohallen. Also warum nicht die
Fördergelder mitnehmen? Denn wenn man sich nach zwei viel zu langen Kinostunden aus dem
Sitz schält, darf man sich schon mit einiger Berechtigung am
Kopf kratzen und sich fragen, wen genau die Wachowskis mit diesem
Film eigentlich erreichen wollten: Die extrem simpel gezeichneten
Figuren und die flache Dramaturgie der Geschichte bewegen sich auf
Kinderfilm-Niveau, was auch manche doch arg bescheuerte Verharmlosungen
unterstreichen (auf dem Siegertreppchen gibt's keinen Schampus,
sondern Milch!). Das Zielpublikum für solch einen Sommerblockbuster
ist aber mindestens 10-20 Jahre älter, doch die einzigen Erwachsenen,
die an "Speed Racer" durchweg ihre helle Freude haben
werden, sind Liebhaber alter japanischer Anime-Serien. Leute wie
die Wachowskis eben, die hier scheinbar mal eben 100 Millionen Dollar
ausgegeben haben, um sich einen ganz persönlichen Geek-Traum
zu erfüllen. Und dabei leider kaum einen anderen Zuschauer
im Blick hatten. In den wenigen Szenen, in denen es um die Sponsorenmanipulationen
und die Machenschaften hinter den Kulissen geht, ist "Speed
Racer" tatsächlich auch mal so etwas wie ein "erwachsener"
Film, der mit verzwickten Marktmanipulationen und verborgenen Deals
die wahren Machtverhältnisse im großen Geschäft
mit dem Sport aufzeigt. Das sind die Momente, in denen sich die
ansonsten begeisterten kleinen Kinder im Publikum fragend an die
Großen wenden müssen, wovon da gerade geredet wird. Das hat als harmlose Welt für eine alte Anime-Serie vielleicht
mal gereicht, als großer Kinofilm im Jahr 2008 ist es eine
spannungsfreie Zone, der wegen fehlendem Dampf der Geschichte trotz
spektakulärster Tricksereien und Stil-Gespiel sehr schnell
die Luft ausgeht. "Speed Racer" ist ein einziger visueller
Oberflächenreiz, hinter dem sich absolut nichts verbirgt. Und
während die Wachowskis verliebt in ihr eigenes Schaffen den
Film durch zahlreiche Längen auf 135 Minuten auswalzen, langweilt
man sich mit einer Story, die selbst für 90 Minuten noch zu
dünn gewesen wäre, und kann auch bei den ausufernden Actionsequenzen
nicht so richtig staunen, weil es halt doch einfach nur Animation
ist. Das ist es in gängigen Hollywood-Filmen heutzutage zwar
zum Teil immer wenn es spektakulär wird, doch anderswo versucht
man eben, es wie echt aussehen zu lassen, und die Illusion funktioniert.
Weil sich "Speed Racer" aber so gezielt an seiner eigenen
Künstlichkeit ergötzt, lässt er einen in den Momenten,
wo es drauf ankommt, emotional völlig kalt. Das gilt sowohl
für die vermeintlich spannungsreichen Rennen, als auch für
die dramatischen Szenen, die letztlich ebenfalls vor allem eins
sind: künstlich. Da helfen auch die guten Leistungen der namhaften
Besetzung nichts, die sich allesamt reichlich Mühe geben und
ihren Figuren mehr Tiefe verleihen, als diese eigentlich haben.
"Speed Racer" ist ein Film über sich selbst. Ein Film, der die ganze Zeit nur schreit: Schau, wie bunt ich bin! Schau, wie schnell ich bin! Schau, was ich hier zitiere! Schau, was ich da zitiere! Ist das nicht alles total cool? Nein, ist es leider nicht, wenn man nicht gerade Andy oder Larry Wachowski heißt. Man muss den öffentlichkeitsscheuen Brüdern in gewisser Weise Respekt dafür zollen, dass sie noch immer eine solche Narrenfreiheit in Hollywood besitzen, um mit diesem selbstverliebten Fanboy-Projekt unangetastet durchzukommen. Wer jedoch nicht mit den Wachowskis haargenau auf einer Wellenlänge liegt, der wird "Speed Racer" eher befremdlich und öde finden. Wer also total über alte Anime-Serien abgeht, sich mit kindlicher Freude von schnellen bunten Autos und wilden Crashs beglücken lässt und sich auch gern zwei Stunden ins Kino setzt für eine Geschichte, die man keine Sekunde ernst nehmen kann - viel Spaß. Alle anderen können sich diesen Film getrost sparen. |
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