Ein Film aus einer fernen, düsteren Zukunft. Einer Zukunft, in der jeder mit 25 aufhört zu altern (zugegeben, das klingt im ersten Moment noch nicht so düster). Das Problem: Man hat daraufhin nur noch ein einziges Jahr zu leben. Unerbittlich läuft die Zeit auf einer Art digitalem Tattoo, das jeder Mensch auf seinem Unterarm eingraviert hat, herunter. Ein Countdown bis zum Lebensende. Die einzige Möglichkeit dem programmierten Tod zu entkommen, besteht im Tauschen und Handeln von Zeit. Es ist die wichtigste und einzige Ware in dieser Welt. Geld hat keinen Wert mehr. Ein Kaffee kostet vier Minuten, ein Whiskey zehn Minuten und eine Taxifahrt eine Stunde. Wer reich ist oder einen lukrativen Job hat, der kann hier quasi ewig leben. Doch in den Ghettos, unter den Armen, wird jeder Tag zum puren Überlebenskampf.
Will Salas (Justin Timberlake) gehört zu den Armen. Durch einen Zufall bekommt er von einem Fremden 106 Jahre geschenkt, was für ihn und seine Mutter (Olivia Wilde) ein neues Leben bedeuten könnte. Die Hoffnungen auf einen Neuanfang werden jedoch schnell getrübt, denn Will gerät ins Visier des Timekeepers (eine Art Kopfgeldjäger bzw. Kopf“zeit“jäger) Raymond Leon (Cillian Murphy).
Andrew Niccols neuer Film knüpft sehr elegant an „Gattaca“ an, den Erstling des Regisseurs. Wieder schafft er eine dystopische Welt, in der sich das Menschliche gegen die pervertierten Auswüchse der Technik und Wissenschaft behaupten muss. Und wie bei nahezu allen Science Fiction-Filmen gehört auch bei „In Time“ die erste Viertelstunde, in der man die Welt des Films kennenlernt, zu der aufregendsten Phasen des ganzen Films. Man kann sich gar nicht satt sehen an den Details dieser Welt, die Niccols erschaffen hat. Mit Will wandern wir durch das Ghetto und später auch durch die luxuriöse Welt der Reichen und lernen so die Spielregeln und das Spielfeld dieses Universums kennen.
Leider weiß Niccol nur zu gut, dass er irgendwann eine Art Handlung inszenieren muss, was dazu führt, dass „In Time“ nach gut 20 Minuten zu einer äußerst öden und witzlosen Jagd-und-Flucht-Veranstaltung wird. Will verliebt sich in der Zone der Reichen in Sylvia (Amanda Seyfried), die Tochter des Industriellen Philippe Weis (Vincent Kartheiser). Zunächst entführt er sie, wobei das Drehbuch die beiden bereits wenig später sehr rührselig zu einer Art Bonny&Clyde-Duo werden lässt. Es ist schon merkwürdig, wie wenig Chemie zwischen Seyfried und Timberlake entsteht. Die Liebe kauft man den beiden jedenfalls nie ab. Und so zerfallen beide Figuren zu reinen Hüllen und das ist hier sehr wörtlich gemeint. Während sich das weibliche Publikum an Justin Timberlakes freiem Oberkörper ergötzen darf, gibt es für den männlichen Teil des Publikums Amanda Seyfried zu begutachten, die das naive Dummchen gibt und in knappen Klamotten mit übergroßen Knarren hantiert.
Einige Autoverfolgungsjagden und Schießereien später bewegt sich der Film dann unaufhaltsam einem äußerst uninspirierten Finale entgegen. „In Time“ ist aber weniger enttäuschend, weil Timberlake und Seyfried nicht überzeugen. Der Film scheitert letztlich daran, dass der an sich sehr kreative Niccol nichts aus den aufregenden philosophischen Implikationen seiner Welt macht, sondern alle Konflikte auf ein ziemlich ausgelutschtes Arm-gegen-Reich-Thema reduziert.
Zu all dem gesellt sich das unbefriedigende Gefühl, dass die Crew hinter dem Film zu wesentlich mehr fähig gewesen wäre. Schließlich hat man mit dem Coen-Stammkameramann Roger Deakins einen der vehementesten Gegner des digitalen Filmemachens dazu gebracht, sein erstes digitales Werk zu drehen. Leider bekommt er nicht ausreichend Gelegenheit, sein Handwerk zu demonstrieren. Und auch Matrix-Cutter Zach Staenberg bleibt deutlich unter seinen Möglichkeiten. Und so bleiben nur kleine Momente und Ahnungen, die auf einen Film verweisen, der sicherlich das Potential gehabt hätte dem Sci-Fi-Genre etwas Neues hinzuzufügen.
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