Syd Field ist der Welt größte Star unter den Skript-Beratern:
Mit Seminaren und Lehrbüchern verdient er sich ein Heidengeld
damit, anderen Leuten beizubringen, wie man gute Drehbücher
schreibt - oder zumindest keine schlechten. Ernsthafte Filmliebhaber
reagieren auf Fields Methodik gern mit einem verächtlichen
Naserümpfen, da er letztlich ein Schreiben-nach-Zahlen vermittelt
und die zunehmende Formelhaftigkeit von Hollywood-Ware fördert.
Nichtsdestotrotz hat Mr. Field auch ein paar gute Ratschläge,
die es sich in der Tat zu befolgen lohnt, und allein hierfür
sei den beiden Autorinnen von "Die Ex-Freundinnen meines Freundes"
dringend die genaue Lektüre eines seiner Bücher empfohlen
- denn diese beiden verwenden mit traumwandlerischer Sicherheit
alle Methoden, die Field berechtigterweise zu den Kardinalsünden
jedes Drehbuchautors erklärt hat.
Da wäre zum Beispiel der gute Rat, soweit wie möglich
auf einen Off-Kommentar der Hauptrolle zu verzichten: Wer seinen
Charakter die ganze Zeit haarklein alles dokumentieren und erklären
lässt, drückt sich nur davor, diese Informationen durch
Szenen und Bilder zu vermitteln, wie es ein ordentliches Drehbuch
tun würde. Vorhang auf für "Die Ex-Freundinnen …":
Dieser Film geht los mit einem minutenlangen Off-Kommentar, in dem
TV-Journalistin in spe Stacy Holt (Brittany Murphy) mal schnell
fürs Publikum ihre bisherige Lebensgeschichte zusammenfasst,
von ihrem Traum erzählt, einmal an der Seite von Star-Reporterin
Diane Sawyer zu arbeiten und das es bisher nur zur Redaktionsassistentin
in der schrottigen Nachmittags-Talkshow von Kippie Kann (Kathy Bates)
gelangt hat. Einziger Lichtblick in Stacys tristem Dasein ist ihr
Freund Derek (Ron Livingston), der jedoch seltsam schweigsam ist,
wenn das Gespräch auf seine früheren Beziehungen kommt.
Da braucht es nicht viel, um Stacys weibliche Neugier in Gang zu
setzen, und angestachelt von ihrer neuen Chefin Barb (Holly Hunter)
ergreift sie denn auch die erstbeste Gelegenheit für ein bisschen
Vergangenheits-Spionage, als ihr Geliebter für ein paar Tage
verreisen muss und seinen Organizer (das moderne Äquivalent
zum Originaltitel-gebenden kleinen schwarzen Adressbuch) daheim
vergisst. Und da schau her, der feine Herr hat tatsächlich
noch Kontakt zu seinen ehemaligen Beziehungen ….
Syd
Field hat sicherlich auch ein Gebot dazu, dass man sich nicht an
einer Story versuchen sollte, die schon im Ansatz todlangweilig
klingt, denn ein Mensch, der mit seinen vergangenen Liebschaften
so weit im Reinen ist, dass er/sie noch mit ihnen reden kann, ist
nicht gerade der Gipfel des Außergewöhnlichen. Viel schwerwiegender
ist jedoch, dass die gute Stacy diese Möglichkeit noch nicht
mal sieht, sondern sofort Betrug, Verrat und Vielweiberei vermutet
- womit das nächste entscheidende Field-Gebot verletzt wird:
Das Publikum muss den Hauptcharakter mögen können. Stacy
zu mögen ist ziemlich unmöglich, denn in vollkommen irrationaler
Paranoia steigert sie sich ohne Sinn und Verstand in eine Spionagemission
hinein, deren Rechtfertigung auf lächerlich dünnem Eis
steht und Stacy deshalb eher wie eine hochgradig eifersüchtige
Psychopathin wirken lässt denn wie eine resolute junge Dame.
Grundidee und deutscher Titel dieses Films mögen noch an die
Julia-Roberts-Komödie "Die Hochzeit meines besten Freundes"
erinnern, wo jener Film jedoch zu einem Genre-Klassiker wurde und
mit cleverem Drehbuch und brillanten Darstellern das riskante Story-Unterfangen
rettete, scheitert dieser kläglich auf allen Ebenen.
Hauptdarstellerin
Brittany Murphy kann zwar von Zeit zu Zeit noch ganz süß
und sympathisch wirken, jedoch nur dann, wenn sie vom amateurhaften
Drehbuch nicht wieder in die Psycho-Ecke gedrängt oder von
der ideenlosen Regie gänzlich allein gelassen wird. So entsteht
eine unglaublich unkomische "Komödie", bei der das
Zuschauen fast schon weh tut, vor allem angesichts der Beteiligten.
Wenn man sich vermeintlich "große" Darstellerinnen
wie Holly Hunter und Kathy Bates in diesem peinlichen Mist ansehen
muss, schleicht sich immer wieder ein verzweifeltes "Warum?
Warum habt ihr euch nur damit abgegeben?" in den Kopf, das
gegen Ende schließlich ersetzt wird durch ein "Warum
sind die Studio-Verantwortlichen hierfür nicht schon längst
gefeuert worden?".
Denn der einstmals von den Autorinnen Carter und Bell geplante satirische
Kommentar zu Nachmittags-Talkshows geht hier ebenso verloren wie
ihr gut gemeinter, aber in diesem Genre deplatzierter Wille, es
eben nicht nach der Formel enden zu lassen. Und so schließt
"Die Ex-Freundinnen meines Freundes" mit einem dermaßen
erbärmlich aufgezwungenen und angeklebten Happyend, dass man
sich fragt, ob dafür derselbe Studio-Yuppie verantwortlich
ist, der dieses gänzlich missratene Skript überhaupt durch
die Qualitätskontrolle geschmuggelt hat. Jemand muss das wohl
für einen gut vermarktbaren "Frauen-Film" gehalten
haben. Wenn die Frauen dieser Welt wirklich so sind wie Stacy, dann
ist Mann definitiv glücklicher, wenn er sie endlich los ist.
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