Wer hat denn damit noch gerechnet? Siebzehn Jahre nach dem Überraschungshit "Dirty Dancing" gibt es nun also tatsächlich ein Filmchen, das den gleichen Titel trägt. Diese Tatsache und die angehängte "2" sollten aber niemanden in die Irre führen. Denn hier handelt es sich natürlich nicht um die weiteren Erlebnisse der gealterten 80er-Ikonen Jennifer Grey und Patrick Swayze (letzterer gibt hier zwar ein kurzes Gastspiel als Tanzlehrer, kann mit dieser Rolle aber - im Gegensatz zu seinem kultigen Auftritt in "Donnie Darko" - nicht allzu viel Eindruck schinden). Die "Havanna Nights" (dieser ursprüngliche Nebentitel des Films wurde kurz vor Start aus rechtlichen Gründen fallen gelassen) spielen stattdessen in der wohl interessantesten Phase der jüngeren kubanischen Geschichte, nämlich der Zeit kurz vor der Revolution und der Machtergreifung Fidel Castros im Jahr 1958. Bis zu diesen denkwürdigen Ereignissen betrachteten die Amerikaner das Nachbarland nämlich als eine Art Kolonie und machten mit der eingesetzten Marionettenregierung gute Geschäfte.
Vor diesem Hintergrund zieht auch die achtzehnjährige Katey Miller mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester nach Havanna. Daddy hat dort einen neuen Job und man haust mit anderen Landsleuten im mondänen Luxushotel. Das dekadente Nichtstun ist jedoch nichts für Katey, und während die Familie gerade noch akzeptieren kann, dass das Töchterlein lieber Bücher wälzt als mit anderen amerikanischen Teenagern Schminkkurse abzuhalten, ist ihre neue Bekanntschaft ein echter Schock: Der stolze einheimische Kellner Javier hat es ihr angetan, mit ihm erlebt sie auf den Straßen der Stadt heiße Tänze zu wilden Rhythmen. Durch seine Bekanntschaft mit Katey verliert Javier aber schließlich seinen Job und bei dem jungen Mädchen meldet sich das soziale Gewissen: Sie beschließt gemeinsam mit dem feurigen Kubaner am großen Tanzwettbewerb teilzunehmen, dessen Gewinner immerhin ansehnliche 5.000 Dollar einstreichen kann.
Tanz, erste Liebe und Selbstfindung - das sind die Kernbausteine oder, wie die Produzenten es etwas vollmundig nennen, das "Paradigma" der Dirty Dancing-Franchise. Dass es eine solche überhaupt gibt hatten wir bisher zwar noch nicht bemerkt, aber mit etwas gutem Willen kann man diese Themen ja gerne als die einzigen Verbindungselemente zum Originalfilm akzeptieren.
Denn ansonsten hat Teil Zwei nun rein gar nichts mit dem Vorgänger gemein und kann auch trotz der gewählten Handlungszeit nicht wirklich als dessen "Prequel" betrachtet werden. Betrachten wir das Werk also lieber als eigenständigen Film und sind nicht weiter böse, dass hier auf billige Art und Weise mit einem vertrauten Titel die Zuschauer angelockt werden sollen. Denn für sich genommen schneidet "Havanna Nights " zumindest nicht soo schlecht ab. Die leicht kitschige und größtenteils vorhersehbare Handlung wird durch solide Darstellerleistungen und auch die sehr gelungen eingefangene kubanische Atmosphäre zumindest wieder aufgefangen.
Dieses Setting ist dann auch verantwortlich für die interessantesten und gelungensten Momente des Films. Nicht nur der oft gesehene Familienzwist sorgt hier für Probleme, sondern eben vor allem auch das politische Umfeld. Wie entwürdigend das damalige Leben für die meisten Kubaner war, wird recht gut deutlich und der Bruder der Hauptfigur lässt als überzeugter Revolutionär gegenüber der armen Katey einige deutliche Statements ab. Die Amerikaner benehmen sich ansonsten durchweg wie die Axt im Walde und kommen hier nun wirklich nicht gerade gut weg. Die großen Umwälzungen, die dem Abend der Revolution folgen, sorgen dann auch dafür, dass dem weiteren Beziehungsglück von Javier und Katey noch so Einiges im Wege steht. Bei diesem Thema zeigt der Film eine durchaus bemerkenswerte Ernsthaftigkeit und dient dahingehend auch als kleine Geschichtsstunde.
Eher enttäuschend sind jedoch - sowohl im Bezug auf die Anzahl, als auch die Qualität - die unvermeidlichen Tanzszenen. Da will der rhythmische Funke nicht so recht überspringen und wirklich "schmutzig" war das Dargebotene wohl auch vor 45 Jahren nicht. Für einen Film namens "Dirty Dancing" eigentlich unverzeihlich. Aber über die Fragwürdigkeit dieses Titels haben wir ja weiter oben schon gesprochen, also lassen wir es dabei.
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